Was ist die Risale-i Nur (‚Lichtabhandlungen‘)

Die Risale-i Nur-Sammlung ist ein sechstausendseitiger Kommentar zum Koran, der von Bediüzzaman Said Nursi in Übereinstimmung mit dem heutigen Verständnis verfasst wurde. Der Autor war stets fokussiert die Glaubenswahrheiten zu erörtern.

In seinem Korankommentar Risale-i Nur versucht Nursi die Authentizität der islamischen Glaubenssäulen zu beweisen1 und bespricht die zeitgemäßen Einwendungen und Kritiken zu islamischen und glaubensspezifischen Themen.2 Nursi sagt:

„Wir sind Leute der Gegenwart und Kandidaten der Zukunft. Die beweislose Darstellung und Beschönigung von Thesen stillt nicht unseren Verstand. Wir fordern Beweise.“3

Said Nursis Argumentationsstil in seinen Werken ist durch eine narrative und figurative Erzählung geprägt. Er verwendet des Öfteren rhetorische Mittel wie z.B. Metaphern, Allegorien, Parabeln, Vergleiche oder Erzählungen. Nursi erklärt dies wie folgt:

„Der Grund dafür, dass ich die Vergleiche und Beispiele in diesen Abhandlungen in Form von Erzählungen niedergeschrieben habe, ist der, damit einerseits einem besseren Verständnis zu dienen und andererseits aufzuzeigen, wie sehr die Wahrheiten des Islam der Logik des Verstandes entsprechen, einander ergänzen und stützen und wie wohl sie begründet sind. Der Sinn der Erzählungen ist die Wahrheit, die sich an ihrem Ende herausstellt. So dienen die Vergleiche lediglich als ein Hinweis auf diese Wahrheit. Sie sind keine bloßen Phantasiegeschichten, sondern tatsächliche Wahrheiten.“4

„Anhand eines konkreten Gleichnisses werden die Fäden einer allgemeinen Wahrheit aufgezeigt und das Urteil auf diese Wahrheit gestellt. Das Gesetz dieser Wahrheit wird anhand einer besonderen Situation aufgezeigt, damit diese große Wahrheit erkannt werden und einzelne Angelegenheiten auf sie zurückgeführt werden können.“5

Wer bin ich? Was ist mein Dasein? Woher komme ich und wohin gehe ich nach dem Tod? Warum wurden das Leben und all die Lebewesen erschaffen?
Neben diesen Fragen hinsichtlich des Daseins und der Erschaffung beantwortet die Risale-i Nur u.a. folgende existenzielle Fragen:
– Zweifel und Verwirrung in den Herzen der Gläubigen,
– Verlustängste,
– Trennung, Schmerz, Leid
– sowie Egoismus, Hedonismus.

Auch Themen wie Liebe, Brüderlichkeit, positives Handeln, Solidarität oder Gemeinschaftssinn werden in diesen Werken thematisiert.

Wie kann Gott überall zur gleichen Zeit sein? Wie kann Er gleichzeitig vieles auf einmal vollbringen? Wie lässt es sich erklären, dass neben all diesen Schönheiten im Kosmos gleichzeitig auch Übel, Leid und Ungerechtigkeiten herrschen? Fragen über Fragen…

Antworten zu diesen Fragen liefert die Risale-i Nur (Lichtabhandlungen) in ihrer ganz besonderen Art und Weise.

Bediüzzaman erblickte die Welt, als sich diese inmitten einer tiefgreifenden Krisen- und Konfliktsituation ihrer Geschichte befand. Bereits im Jugendalter suchte er ständig nach Lösungsansätzen hinsichtlich der Problematik seines Landes, der „islamisch geprägten Welt“ und der Menschheit, bis er schließlich erkannte, dass das eigentliche Problem in der elementaren Fragestellung des Glaubens lag. Von da an studierte er parallel zum Koran den Kosmos wie ein Buch und zeigte auch anderen, wie man darin liest. Er vermochte jede noch so komplexe und schwierige Frage, mit dem sich der Mensch und sein Verstand verzweifelt befasste, nach und nach zu beantworten und gab letztendlich dieses Wissen den Lesern seiner Werke weiter.

An einem Frühlingstag, in dem Verbannungsort Barla, wo der Frühling sich von seiner schönsten Seite zeigt, begann die Entstehungsgeschichte der Risale-i Nur.
Mit der Geburtsstunde dieser Abhandlungen versammelten sich um ihr immer mehr Menschen, die diese Schriften schätzten. Menschen, deren Glaube angesichts des Materialismus und Naturalismus zerrüttet wurde, fanden darin Stärkung. Ein Werk, das seinen Lesern eines verspricht: Die Glückseligkeit auf beiden Welten; im Diesseits und im Jenseits.

  1. Glaube an die Einheit und Einzigkeit Gottes, an Seine Propheten, an Seine Engel, an Seine Offenbarungen, an das Jenseits und an die Vorherbestimmung.
  2. Vgl. Akgündüz: Arşiv Belgeleri ışığında Bediüzzaman (2013), S. 295.
  3. (Biz ehl-i haliz, namzed-i istikbaliz. Tasvir ve tezyin-i müddeâ, zihnimizi işbâ‘ etmiyor. Burhan isteriz) (Übers. d. Verf.) In: Nursi: Muhâkemat (2006), S. 47.
  4. Nursi: Worte (o. J.), S. 84. (Übersetzer: Davut Korkmaz)
  5. Ebenda, S. 1108.